Was
ist ein Text?
Ein Text ist eine Abfolge von Aussagen, die miteinander in Zusammenhang
stehen. In der postmodernen Terminologie wird der Begriff TEXT
nicht nur auf das geschriebene Wort, sondern auch auf das Bild,
den Ton, das Theater, Musik, Tanz etc. bezogen und nach Roland
Barthes kann in der postmodernen Kulturtheorie sogar die ganze
Welt, oder das Leben selbst, als Text gelesen werden.
Was heißt eigentlich postmodern?
Der Begriff widersetzt sich hartnäckig einer genauen Definition
und wird in der Regel dann bemüht, wenn unterschiedliche
Phänomene wie Filme, Popmusik, Mode, Kunst, Populärkultur
etc. gedeutet werden sollen. Wie der Begriff Postmoderne schon
andeutet, bezieht er sich auf die Moderne und ihre Ideale. Eine
gängige Definition von Moderne ist, sie als das Projekt der
Neuzeit zu begreifen, das mit der Aufklärung einsetzt, seinen
Höhepunkt in der Industrialisierung hat und in der zweiten industriellen Revolution der Nachkriegszeit
seinen Abschluss findet. Da allerdings die Definition der Moderne
selbst nach wie vor strittig ist, wird es nicht überraschen,
dass auch die Begriffsdefinition der Postmoderne sehr vage ist.
Vielleicht kommen wir einer Klärung des Begriffs näher,
wenn wir einige Situationen, die man als postmodern bezeichnen
könnte ansehen:

Man
denke beispielsweise an den Golfkrieg
von 1991. Ein Krieg, der auf dem Fernsehschirm ähnlich
einem Videospiel gegen abstrakte Ziele stattfand. Die Medien wurden
von den tatsächlichen Kriegsschauplätzen abgeschirmt
und bekamen stattdessen Bildmaterial, das die Militärs mit ihren Zielerfassungskameras aufgenommen hatten. Was wir also sahen,
war ein mit und in den Medien inszenierter Krieg.

Eine
idyllischere Variante des Begriffs postmodern wäre die vom
Disney-Konzern gegründete Planstadt
"Celebration" bei Orlando in Florida, die
als eine Alternative zu den von Verbrechen geplagten amerikanischen
Städten und Vororten angepriesen wird. Auf die Mythologie
des kleinstädtischen Amerika zurückgreifend, bietet
diese künstliche Stadt die Möglichkeit der Rückkehr
in eine freundlichere, sanftere Zeit an. Also eine Zeit, die es
nur auf Zelluloid gegeben hat.
Beide
Beispiele zeichnen sich durch Realitätsabwesenheit aus, die
nicht so einfach bemerkt werden kann. Damit kann man die postmoderne
These beschreiben,
"dass
unsere Vorstellung von der Welt in erster Linie auf vermittelten
Bildern basiert. Sie liefern einen Beweis für die Ansicht,
dass wir im Banne einer Mythologie leben, die uns die Massenmedien,
das Kino und die Werbung vorführen. Da uns die `wirkliche´Welt,
auf der solche Darstellungen einst basierten, unter den Füßen
weggezogen wurde, fallen wir durch das Kaninchenloch in ein postmodernes
Wunderland. In dieser merkwürdigen neuen Welt erleben Kunstwerke,
ihre Wiedergeburt als Texte, wird die Geschichte als Mythos entlarvt,
stirbt der Autor, wird die Realität als veraltete Konvention
verworfen, regiert die Sprache und hüllt sich die Ideologie
in das Gewand der Wahrheit".
(Heartney,
Eleanor: Kunst Basics.
Postmoderne. Hatje Cantz Verlag, 2002, S. 7)
Der
Strukturalismus (nach Ferdinand de Saussure) begreift die Sprache
als ein komplexes System, das aus Beziehungen zwischen Zeichen
besteht. Der Strukturalismus stellt damit die allgemeine Annahme
in Frage, dass die Sprache in einem natürlichen Zusammenhang
zu den Dingen in der Welt steht. Vielmehr ist die Bedeutung eine
interne Angelegenheit der Sprache, die sich aus dem Wechselspiel
zwischen Signifikanten und Signifikaten ergibt.
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Wird
jedoch das Bild einer Tür mit dem Wort "Damen"
oder mit "Herren" kombiniert, wird deutlich, dass
die Verbindung zwischen Signifikant und Signifikat von einem
ganzen System kultureller Übereinkünfte, gesellschaftlicher
Beziehungen abhängig ist. |
In
dieser Tradition geht der Poststrukturalismus
noch weiter und eliminiert die reale Welt, die im Strukturalismus
noch schattenhaft vorhanden ist, ganz. Dabei wird das Signifikat
vollkommen herausgenommen und die Bedeutung des Signifikanten
ist nur mehr eine Frage seiner Beziehung zu anderen Signifikanten.
Das heißt, dass wir dem Poststrukturalismus zufolge nicht
aus der konkreten Erfahrungswelt heraus Sprache erzeugen. Vielmehr
erzeugt uns die Sprache in dem Sinne, dass vor uns bereits ein
komplexes System von Kodes, Symbolen und Konventionen existiert,
das bestimmt, was wir tun und sogar denken können. Die Bedeutung
existiert also in diesem Sinne nur in den Beziehungen zwischen
den Signifikanten selbst, was bedeutet, dass die Bedeutung nie
ganz festgemacht werden kann.
Damit scheint Bedeutung im Poststrukturalismus als etwas ständig
Aufgehobenes, weil im Poststrukturalismus immer angenommen wird,
dass es etwas gibt, das sich dem Versuch einer klaren, definitiven
Aussage entzieht. So wird die Sprache von dem, was nicht gesagt
wird, oder gesagt werden kann, bestimmt.
Ein
weiterer wichtiger Begriff für die Postmoderne
ist der Begriff der Dekonstruktion.
Der französische Philosoph Jacques Derrida entwickelte in
seinen Schriften ein Verfahren rund um die Risse, die sich in
der "Bedeutung" aufgetan haben: Die Methode zwischen
den Zeilen zu lesen. Indem die Dekonstruktion zwischen den Zeilen
liest, zeigt sie, dass sich hinter der scheinbaren Bedeutung eines
Textes oft deren Gegenteil verbirgt. Derrida greift damit Freuds
Vorstellung von der Verdrängung auf, nach der Erfahrungen,
Erinnerungen oder Gefühle in das Unbewusste abgedrängt
werden und dort verheerende Wirkungen hervorrufen können,
solange sie unbewusst bleiben.
"Die
Dekonstruktion bringt das ans Licht, was im Namen der Kohärenz
unterdrückt wurde. Sie zeigt, dass jeder Anspruch auf Wahrheit
und jede Berufung auf die Natur oder irgendwelche Grundprinzipien
nur der Täuschung dient. Diese werden dagegen als Produkt
eines bestimmten Bedeutungssystems entlarvt [...] sie sind als
ideologische Konstrukte zu bezeichnen, die darauf abzielen, das,
was in Wirklichkeit ein Produkt einer bestimmten Kultur oder eines
bestimmten Denksystems ist, als natürlich und unausweichlich
hinzustellen".
(Heartney,
Eleanor: Kunst Basics. Postmoderne. Hatje Cantz Verlag, 2002,
S. 10)
Die
Postmoderne lieferte ein notwendiges Korrektiv zu der exklusiven,
pseudouniversalen Weltsicht der Moderne, löste aber auch
eine Reihe von Negationen aus. Die radikalste Form verschrieb
sich dabei einer relativistischen Auffassung von der Geschichte.
So absurde Theorien wie der Holocaust-Revisionismus, Entführung
durch Außerirdische konnten damit nicht widerlegt werden.
"Ihre
Fixierung auf die Darstellung hatte eine begeisterte Aufnahme
der Medien zur Folge, die der narkotischen Wirkung von Film und
Fernsehen auf die breite Öffentlichkeit nichts entgegensetzt.
Ihre Reduktion der Politik auf ein Spiel von gleitenden Signifikanten
hat den politischen Aktivismus von der Straße in den Elfenbeinturm
verbannt."
(Heartney,
Eleanor: Kunst Basics. Postmoderne. Hatje Cantz Verlag, 2002,
S. 77)
Wir
glauben heute nicht mehr, dass sich die Geschichte in eine Richtung
bewegt, und wir wissen, dass der Leser ein wesentlicher Bestandteil
jeden Textes ist. Wir wissen auch, dass Macht, Autorität
und Selbstgefühl miteinander in Beziehung stehen. Die Postmoderne
hat damit die Welt auf eine Art und Weise verändert, die
nicht mehr rückgängig zu machen ist.
Postmoderner
Film - Doppelte Codierung
"Die
postmoderne Ästhetik wendet einen scheinbar einfachen Trick
an, um mit den beiden Problemen, der `Aussage´und
der `Negation´
der Moderne, fertig zu werden. Er besteht in der Spiegelung einer
Aussage in den Zeichen vorhandener Sinnsysteme. Eine einfache
Aussage (sagen wir: zwei Menschen lieben einander) wird vermittelt
durch das Spiel zweier Menschen mit Rollen von Liebenden, wie
man sie kennt. In diesem Spiel steckt beides, die `reine´archaische
Aussage (die in der Moderne negiert worden war) und die kritische
Reflexion der verwendeten Zeichen für diese Aussage (in der
sich die Moderne fortsetzen mag). Eine Szene wird also doppelt
codiert, indem sie als Aussage und als Untersuchung der Sprache
dieser Aussage aufgenommen werden kann. Damit ist weder die vormoderne
Wirklichkeit rekonstruiert, deren Abbildung die prämoderne
Ästhetik betrieb, noch die reine Negation der Moderne, die
eine Aussage letztendlich unmöglich machen wollte. Das Kunstwerk
der Postmoderne ist vielmehr eine Art Schizophrenie-Maschine,
die sehr unterschiedliche Menschen mit gänzlich unterschiedlichen
Erwartungshaltungen ebenso ansprechen kann, wie einen Menschen
zugleich auf sehr unterschiedliche Weise. Was die beiden Ebenen,
die Aussage und die Reflexion ihrer Mittel, verbinden kann, ist
Ironie. ..."
(Seeßlen,
Georg: Ein postmodernes Welt-Bild
aus den USA. In: Felix,
J ürgen (Hrsg.) Die Postmoderne
im Kino. Ein Reader. Schüren Verlag, 2002, S. 219 -220)
Buchtipps: |
Heartney,
Eleanor: Kunst Basics. Postmoderne, Hatje Cantz Verlag,
Ostfildern-Ruit. 2002 |
|
Felix,
Jürgen (Hrsg.) Die Postmoderne im Kino, Ein
Reader, Schüren Verlag, Marburg, 2002 |
Filmtipps:
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Pulp
Fiction
von Quentin Tarantino, Wild at Heart
von David Lynch, die Filme von Peter Greenaway, die Filme
von Joel und Ethan Coen und natürlich MATRIX
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