StartseiteStartseite Archiv
BMB
editorial
info
themen
leitfaden
projekte
workshop
e-academy
network
Kommunikation
Wie entsteht Bedeutung?
Semiotisches Labor
Labor A
Wissenschaft
Sehen
Sprache
Wahrnehmung
Code
Text
Schrift
Eisenstein / Montage
Kuleschow-Effekt
Konvention / Kontext
Semiologie des Film
Geld, Einfluss, Macht ...
Medienwirkung
Nachrichten
Blind Date
11 / 09
TV
Medienlabor
Texte-Medienkultur
Cultural Studies
Einführung
Visual Cultures
Mediengeschichten
Medienpraxis
Gender und Film
Filmkritik mit C. Philipp
Filmehefte
Spielend Radio machen
Radiobeitrag machen
Radiotechnik
Sprechen vor der Kamera
Animationsfilm
Videoschnitt am Computer
Videoschnitt mit Avid
Meinungsfreiheit
Schülerzeitung
Weblogs & Podcasts
Dziga Vertov
Audiovisuelle Materialien
Tonmaterial
Medienkatalog
 

Was ist ein Text?
Ein Text ist eine Abfolge von Aussagen, die miteinander in Zusammenhang stehen. In der postmodernen Terminologie wird der Begriff TEXT nicht nur auf das geschriebene Wort, sondern auch auf das Bild, den Ton, das Theater, Musik, Tanz etc. bezogen und nach Roland Barthes kann in der postmodernen Kulturtheorie sogar die ganze Welt, oder das Leben selbst, als Text gelesen werden.


Was heißt eigentlich postmodern?
Der Begriff widersetzt sich hartnäckig einer genauen Definition und wird in der Regel dann bemüht, wenn unterschiedliche Phänomene wie Filme, Popmusik, Mode, Kunst, Populärkultur etc. gedeutet werden sollen. Wie der Begriff Postmoderne schon andeutet, bezieht er sich auf die Moderne und ihre Ideale. Eine gängige Definition von Moderne ist, sie als das Projekt der Neuzeit zu begreifen, das mit der Aufklärung einsetzt, seinen Höhepunkt in der Industrialisierung hat und in der zweiten industriellen Revolution der Nachkriegszeit seinen Abschluss findet. Da allerdings die Definition der Moderne selbst nach wie vor strittig ist, wird es nicht überraschen, dass auch die Begriffsdefinition der Postmoderne sehr vage ist. Vielleicht kommen wir einer Klärung des Begriffs näher, wenn wir einige Situationen, die man als postmodern bezeichnen könnte ansehen:

Man denke beispielsweise an den Golfkrieg von 1991. Ein Krieg, der auf dem Fernsehschirm ähnlich einem Videospiel gegen abstrakte Ziele stattfand. Die Medien wurden von den tatsächlichen Kriegsschauplätzen abgeschirmt und bekamen stattdessen Bildmaterial, das die Militärs mit ihren Zielerfassungskameras aufgenommen hatten. Was wir also sahen, war ein mit und in den Medien inszenierter Krieg.

Eine idyllischere Variante des Begriffs postmodern wäre die vom Disney-Konzern gegründete Planstadt "Celebration" bei Orlando in Florida, die als eine Alternative zu den von Verbrechen geplagten amerikanischen Städten und Vororten angepriesen wird. Auf die Mythologie des kleinstädtischen Amerika zurückgreifend, bietet diese künstliche Stadt die Möglichkeit der Rückkehr in eine freundlichere, sanftere Zeit an. Also eine Zeit, die es nur auf Zelluloid gegeben hat.

Beide Beispiele zeichnen sich durch Realitätsabwesenheit aus, die nicht so einfach bemerkt werden kann. Damit kann man die postmoderne These beschreiben,

"dass unsere Vorstellung von der Welt in erster Linie auf vermittelten Bildern basiert. Sie liefern einen Beweis für die Ansicht, dass wir im Banne einer Mythologie leben, die uns die Massenmedien, das Kino und die Werbung vorführen. Da uns die `wirkliche´Welt, auf der solche Darstellungen einst basierten, unter den Füßen weggezogen wurde, fallen wir durch das Kaninchenloch in ein postmodernes Wunderland. In dieser merkwürdigen neuen Welt erleben Kunstwerke, ihre Wiedergeburt als Texte, wird die Geschichte als Mythos entlarvt, stirbt der Autor, wird die Realität als veraltete Konvention verworfen, regiert die Sprache und hüllt sich die Ideologie in das Gewand der Wahrheit".

(Heartney, Eleanor: Kunst Basics. Postmoderne. Hatje Cantz Verlag, 2002, S. 7)

Der Strukturalismus (nach Ferdinand de Saussure) begreift die Sprache als ein komplexes System, das aus Beziehungen zwischen Zeichen besteht. Der Strukturalismus stellt damit die allgemeine Annahme in Frage, dass die Sprache in einem natürlichen Zusammenhang zu den Dingen in der Welt steht. Vielmehr ist die Bedeutung eine interne Angelegenheit der Sprache, die sich aus dem Wechselspiel zwischen Signifikanten und Signifikaten ergibt.

Nehmen wir das Wort "Baum". Es scheint, dass das Wort und das Bild in einem natürlichen und bleibenden Zusammenhang stehen.

Wird jedoch das Bild einer Tür mit dem Wort "Damen" oder mit "Herren" kombiniert, wird deutlich, dass die Verbindung zwischen Signifikant und Signifikat von einem ganzen System kultureller Übereinkünfte, gesellschaftlicher Beziehungen abhängig ist.

In dieser Tradition geht der Poststrukturalismus noch weiter und eliminiert die reale Welt, die im Strukturalismus noch schattenhaft vorhanden ist, ganz. Dabei wird das Signifikat vollkommen herausgenommen und die Bedeutung des Signifikanten ist nur mehr eine Frage seiner Beziehung zu anderen Signifikanten. Das heißt, dass wir dem Poststrukturalismus zufolge nicht aus der konkreten Erfahrungswelt heraus Sprache erzeugen. Vielmehr erzeugt uns die Sprache in dem Sinne, dass vor uns bereits ein komplexes System von Kodes, Symbolen und Konventionen existiert, das bestimmt, was wir tun und sogar denken können. Die Bedeutung existiert also in diesem Sinne nur in den Beziehungen zwischen den Signifikanten selbst, was bedeutet, dass die Bedeutung nie ganz festgemacht werden kann.
Damit scheint Bedeutung im Poststrukturalismus als etwas ständig Aufgehobenes, weil im Poststrukturalismus immer angenommen wird, dass es etwas gibt, das sich dem Versuch einer klaren, definitiven Aussage entzieht. So wird die Sprache von dem, was nicht gesagt wird, oder gesagt werden kann, bestimmt.

Ein weiterer wichtiger Begriff für die Postmoderne ist der Begriff der Dekonstruktion.
Der französische Philosoph Jacques Derrida entwickelte in seinen Schriften ein Verfahren rund um die Risse, die sich in der "Bedeutung" aufgetan haben: Die Methode zwischen den Zeilen zu lesen. Indem die Dekonstruktion zwischen den Zeilen liest, zeigt sie, dass sich hinter der scheinbaren Bedeutung eines Textes oft deren Gegenteil verbirgt. Derrida greift damit Freuds Vorstellung von der Verdrängung auf, nach der Erfahrungen, Erinnerungen oder Gefühle in das Unbewusste abgedrängt werden und dort verheerende Wirkungen hervorrufen können, solange sie unbewusst bleiben.

"Die Dekonstruktion bringt das ans Licht, was im Namen der Kohärenz unterdrückt wurde. Sie zeigt, dass jeder Anspruch auf Wahrheit und jede Berufung auf die Natur oder irgendwelche Grundprinzipien nur der Täuschung dient. Diese werden dagegen als Produkt eines bestimmten Bedeutungssystems entlarvt [...] sie sind als ideologische Konstrukte zu bezeichnen, die darauf abzielen, das, was in Wirklichkeit ein Produkt einer bestimmten Kultur oder eines bestimmten Denksystems ist, als natürlich und unausweichlich hinzustellen".

(Heartney, Eleanor: Kunst Basics. Postmoderne. Hatje Cantz Verlag, 2002, S. 10)

Die Postmoderne lieferte ein notwendiges Korrektiv zu der exklusiven, pseudouniversalen Weltsicht der Moderne, löste aber auch eine Reihe von Negationen aus. Die radikalste Form verschrieb sich dabei einer relativistischen Auffassung von der Geschichte. So absurde Theorien wie der Holocaust-Revisionismus, Entführung durch Außerirdische konnten damit nicht widerlegt werden.

"Ihre Fixierung auf die Darstellung hatte eine begeisterte Aufnahme der Medien zur Folge, die der narkotischen Wirkung von Film und Fernsehen auf die breite Öffentlichkeit nichts entgegensetzt. Ihre Reduktion der Politik auf ein Spiel von gleitenden Signifikanten hat den politischen Aktivismus von der Straße in den Elfenbeinturm verbannt."

(Heartney, Eleanor: Kunst Basics. Postmoderne. Hatje Cantz Verlag, 2002, S. 77)

Wir glauben heute nicht mehr, dass sich die Geschichte in eine Richtung bewegt, und wir wissen, dass der Leser ein wesentlicher Bestandteil jeden Textes ist. Wir wissen auch, dass Macht, Autorität und Selbstgefühl miteinander in Beziehung stehen. Die Postmoderne hat damit die Welt auf eine Art und Weise verändert, die nicht mehr rückgängig zu machen ist.

Postmoderner Film - Doppelte Codierung
"Die postmoderne Ästhetik wendet einen scheinbar einfachen Trick an, um mit den beiden Problemen, der `Aussage´und der `Negation´ der Moderne, fertig zu werden. Er besteht in der Spiegelung einer Aussage in den Zeichen vorhandener Sinnsysteme. Eine einfache Aussage (sagen wir: zwei Menschen lieben einander) wird vermittelt durch das Spiel zweier Menschen mit Rollen von Liebenden, wie man sie kennt. In diesem Spiel steckt beides, die `reine´archaische Aussage (die in der Moderne negiert worden war) und die kritische Reflexion der verwendeten Zeichen für diese Aussage (in der sich die Moderne fortsetzen mag). Eine Szene wird also doppelt codiert, indem sie als Aussage und als Untersuchung der Sprache dieser Aussage aufgenommen werden kann. Damit ist weder die vormoderne Wirklichkeit rekonstruiert, deren Abbildung die prämoderne Ästhetik betrieb, noch die reine Negation der Moderne, die eine Aussage letztendlich unmöglich machen wollte. Das Kunstwerk der Postmoderne ist vielmehr eine Art Schizophrenie-Maschine, die sehr unterschiedliche Menschen mit gänzlich unterschiedlichen Erwartungshaltungen ebenso ansprechen kann, wie einen Menschen zugleich auf sehr unterschiedliche Weise. Was die beiden Ebenen, die Aussage und die Reflexion ihrer Mittel, verbinden kann, ist Ironie. ..."

(
Seeßlen, Georg: Ein postmodernes Welt-Bild aus den USA. In: Felix, J ürgen (Hrsg.) Die Postmoderne im Kino. Ein Reader. Schüren Verlag, 2002, S. 219 -220)



Buchtipps: Heartney, Eleanor: Kunst Basics. Postmoderne, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern-Ruit. 2002
  Felix, Jürgen (Hrsg.) Die Postmoderne im Kino, Ein Reader, Schüren Verlag, Marburg, 2002

Filmtipps: Pulp Fiction von Quentin Tarantino, Wild at Heart von David Lynch, die Filme von Peter Greenaway, die Filme von Joel und Ethan Coen und natürlich MATRIX ...
Top

©
mediamanual.at 2001-2016 | Webagentur onscreen