Eine
Metonymie ist ein Zeichen, das - wird es wahrgenommen - ein Konzept
evoziert, aber nicht mit dem Objekt assoziiert wird, auf das es
sich bezieht, sondern mit einem anderen. Nehmen wir als Beispiel
folgenden Satz: "Das Weiße Haus kündigte heute an,
dass der Präsident demnächst in den Nahen Osten reisen
wird." - Normalerweise würde das Zeichen #White House#
ein großes weißes Haus denotieren, in dem der Präsident
der Vereinigten Staaten residiert. Fasst man die Wendung "das
Weiße Haus kündigte an" wörtlich auf, müsste
man als selbstverständlich erachten, dass Häuser sprechen
können, für die meisten Leser wird dies wohl unakzeptabel
sein.
Stattdessen werden die meisten Leser das Zeichen #White House# in
diesem Kontext mit der Administration der US-Regierung verbinden
und annehmen, dass die Mitteilung durch einen Pressesprecher im
Namen des Präsidenten erfolgte. Folglich wird das Zeichen #White
House# nicht als Referenz auf das Hauses selbst genommen, sondern
als Verweis auf das Procedere bei offiziellen Mitteilungen der US-Regierung.
Metonymie ist besonders wichtig bei semiotischen Untersuchungen
zur Massenkommunikation. So etwa könnte in den Fernsehnachrichten
das Bild von irgendwelchen Neubauten stellvertretend für einen
allgemeinen Wirtschaftsaufschwung gezeigt werden. Oder in der Zeitung
könnte ein Foto von einem Verkehrsunfall zur Thematisierung
des Problems "Trunkenheit am Steuer" eingesetzt werden.
 Wenn
Metonyme auf dies Art und Weise verwendet werden, wirken sie syntagmatisch,
um eine ganze Erzählung aus einem einzelnen Element der Geschichte
zu erzeugen. Konfrontiert mit dem Bild eines Autowracks, konstruiert
der Leser möglicherweise eine Geschichte von einem Autofahrer,
der nach der Arbeit in einer Bar einen Drink zu sich nahm, die Warnungen
seiner Freunde in den Wind schlug und dann auf der Landstraße
auf die andere Straßenseite geriet und mit einem entgegenkommenden
Fahrzeug kollidierte.
Natürlich kann es sein, dass die Geschichte, die sich der Leser
ausdenkt, nicht auf den aktuellen Unfall zutrifft, aber er hat sich
möglicherweise so ähnlich ereignet und dem Leser erscheint
sie plausibel. Daraus folgt, dass ein Metonym - eingesetzt als impulsgebendes
Kürzel und Auslöser für eine ganze Geschichte - zum
wertvollen Hilfsmittel für die Nachrichtengestaltung in der
Massenkommunikation wird. |
|