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Der Einzelne muss lernen, sich in adäquater Weise zu verhalten, was den anderen Mitgliedern einer Gruppe gestattet, sein Verhalten zu kennen und zu antizipieren. Gesellschaft ist die Art und Weise, in der Verhalten kalibriert wird, sodass das Leben nicht ein kontinuierlicher, verschwenderischer Prozess von Versuch und Irrtum ist. (Birdwhistell, Ray)

Koordiniertes Bedeutungsmanagement (Coordinated Management of Meaning, kurz CMM) ist keine einzelne Theorie - es handelt sich dabei vielmehr um eine Anzahl von Definitionen und Erklärungen, die in Wechselbeziehung zueinander stehen und von denen einige in anderen Abschnitten des Tutorials vorgestellt worden sind. Alles in allem definieren sechs Elemente im CMM-Modell eine Hierarchie von Situationen und Handlungen, die ihrerseits den "Tanz der Kommunikation" beschreibt.



Laut CMM erkennt und verwendet jeder von uns die kulturellen Muster unserer Gesellschaft. Diese sind vergleichbar den "gesellschaftlichen Konventionen" in anderen Modellen. Innerhalb dieser Muster "wissen wir, wer wir sind" - das heißt jeder von uns besitzt ein Selbstkonzept. Wenn wir mit anderen in Interaktion treten, tun wir das im Kontext einer Beziehung, und jeder Kontakt erfolgt als einzelne Begebenheit oder Episode. Unsere unmittelbare, direkte (face-to-face) Kommunikation besteht primär aus Sprechakten, die die eigentlichen Worte bzw. den Inhalt unserer Rede zusammenfügen.

CMM konzentriert sich weder auf die individuellen Gedanken der Kommunizierenden noch auf die Charakteristika der Gesellschaft, der sie angehören. Stattdessen liegt der Fokus auf der Interaktion der Kommunizierenden untereinander und auf der Interaktion zwischen den Kommunizierenden und den Mitgliedern der Gesellschaft. Es ist diese Interaktion, die die Bedeutung von gesendeten und empfangenen Nachrichten generiert.Die folgenden Abschnitte stellen jede einzelne dieser CMM-Ebenen vor und bringen Beispiele zur Illustration.

Machen wir den Anfang damit:
Stellen Sie sich zwei Leute vor, die im Begriff sind direkt und unmittelbar (face-to-face) miteinander zu kommunizieren.

Inhalt
Der Inhalt von Kommunikation ist in der Darstellung von CMM in Sätzen enthalten, die laut von den Kommunizierenden ausgesprochen werden. Das Konzept eines Inhalts - in Form von Daten und Information, als Zeichen, als Paradigmen und Syntagmen von Sprache - kommt in vielen der hier vorgestellten Theorien vor. Im vorliegenden Fall ist der Inhalt eine Abfolge von Sprechlauten, die im Beispiel durch die Symbolkette "Wo ist das Rindfleisch?" dargestellt wird. Es ist wichtig zu verstehen, dass der Inhalt selbst nicht ausreicht, eine Bedeutung in der Kommunikation herzustellen. Um das zu bewerkstelligen, müssen alle sechs Ebenen im Modell zusammenwirken.

Sprechakt
Die Sprechakt-Theorie ist ein integraler Bestandteil des CMM-Modells. Diese Theorie definiert illokutionäre Äußerungen als Sprechakte, die Kontakt mit dem Empfänger herstellen, und perlokutionäre Äußerungen als Sprechakte, die das Verhalten des Empfängers verändern sollen.


Es gibt viele verschiedene Arten von illokutionären und perlokutionären Äußerungen - Fragen, Antworten, Befehle, Versprechungen und so fort - und dass die Beteiligten damit vertraut sind, spielt eine Rolle in der Kommunikation.

Die Wendung "Wo ist das Fleisch?", könnte eine Frage sein - d. h. der Sprecher möchte wissen, wo das Fleisch ist. Es könnte sich aber auch um eine Aussage handeln: Auf die Aufforderung "Nennen Sie einen berühmten Werbeslogan für Fast-Food aus den 80er-Jahren" könnte die Antwort erfolgen "Wo ist das Fleisch?".

Der Austausch zwischen den beiden Kommunikationspartnern ist eingeschränkt durch die Regeln des Sprechaktes. In unserem Beispiel treffen wir die Übereinkunft, dass der Sprecher eine Frage stellt - das bedeutet normalerweise, dass sich der Empfänger verpflichtet fühlt, mit einer Äußerung in Form einer "Antwort" zu reagieren.


Episode
Jede Face-to-Face-Kommunikation erfolgt an irgendeinem Ort, zur irgendeiner Zeit und im Kontext von dem, was immer sonst zu diesem Zeitpunkt noch vor sich gehen mag. Dieses Setting wird Episode genannt. Derselbe Inhalt kann je nach Setting unterschiedliche Bedeutung annehmen. Dieselbe Formulierung, angebracht in einem Witz beim Abendessen, kann etwas völlig anderes bedeuten, wenn sie als Argument in einer Diskussion im Büro hervorgebracht wird.

Obwohl sowohl die Art des Sprechakts als auch die Art der Episode die Bedeutung des Inhalts beeinflussen, sind sie nicht voneinander unabhängig. Anders gesagt, die Episode ist mitbestimmend dafür, welche Form des Sprechakts verwendet wird, und der Sprechakt spielt eine Rolle bei der Bestimmung der Episode.



In diesem Beispiel decken wir auf, dass beide Kommunikationspartner in einem Lehrgang für Politikwissenschaft sind.

Beziehung
Die Tatsache, dass sie sprechen, verbindet die beiden Kommunizierenden miteinander. Zumindest sind sie eben zwei Fremde, sie können aber auch Ehepartner, Arbeitskollegen, Arbeitgeber/-nehmer, Elternteil/Kind, Lehrerin/Schüler, Freunde, Feinde usw. sein. (Und sie können natürlich mehreres davon zugleich sein.)



Wie bereits erwähnt, beeinflussen sich die verschiedenen Ebenen des CMM-Modells untereinander. Folglich steht die Beziehungsebene in Wechselwirkung mit der Episode, dem Sprechakt und dem Inhalt.


In unserem Beispiel legen wir nun offen, dass die sprechende Person die Lehrerin und die zweite Person der Schüler ist.

Selbstkonzept
Die Reaktion der zweiten Person wird zum Teil davon abhängen, welches Konzept die beiden davon haben, "wer sie sind", und von dem Ausmaß, in dem sie ihre Selbstkonzepte einander offenbart haben.



Wenn sich die Lehrerin als humorvoller, interaktiver Mensch sieht, wird sie ihrem Schüler möglicherweise viele Fragen stellen und wahrscheinlich einige als interessante Rätsel oder Witze präsentieren. Wenn der Schüler sich selbst als ernster, intellektueller Mensch versteht, wird er vermutlich versuchen, die Frage der Lehrerin korrekt zu beantworten.

Kulturelle Muster
Bis zu einem gewissen Grad handelt jeder von uns in Übereinstimmung mit den kulturellen Werten unserer Gesellschaft, und diese können etwa mit Hautfarbe, Einkommensklasse, Geschlecht oder ethnischem Hintergrund zu tun haben. So tragen beispielsweise die Angestellten in großen Firmen üblicherweise Anzug und Krawatte und führen beim Mittagessen Gespräche übers Geschäft. Menschen, die in Kartonschachteln in den Straßen großer Städte leben, tragen alte Kleider und treffen sich nicht regelmäßig zum Mittagessen. Männer reden oft über Sport. Frauen erzählen oft von ihren persönlichen Erfahrungen.



Nehmen wir an, es handelt sich in unserem Beispiel bei der Lehrerin um eine Frau mit amerikanischem Mittelschicht-Hintergrund. Aufgrund ihres Selbstkonzepts können wir davon ausgehen, dass sie ihren Unterricht entspannt führt und viel Wert auf Diskussionen legt. Nehmen wir nun weiter an, der Schüler ist ein Mann mit dem kulturellen Hintergrund der chinesischen Oberschicht. In einer traditionellen chinesischen Unterrichtssituation wird von den Schülern erwartet, dass sie ihren Lehrern großen Respekt erweisen und nur reden, wenn sie dazu aufgefordert werden.

In diesem Fall kann sich daher der Schüler schließlich in einer für ihn sehr unbehaglichen Situation wiederfinden - mit einer Lehrerin, die sich in einer für seine Begriffe äußerst befremdlichen und unvorhersagbaren Weise verhält. Die Lehrerin wiederum mag den Eindruck gewinnen, dass der Schüler unvorbereitet ist, nicht sehr intelligent, extrem schüchtern oder einfach unfähig, sich am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen. Wegen ihres verschiedenartigen kulturellen Hintergrunds haben sie möglicherweise Schwierigkeiten, den "Tanz der Kommunikation" durchzuführen.

Abschließend beachten Sie nochmals, dass das koordinierte Bedeutungsmanagement weder die individuellen Gedanken der Kommunizierenden noch die spezifischen Charakteristika der Gesellschaft, der sie angehören in den Mittelpunkt der Betrachtungen stellt. Stattdessen liegt der Fokus auf der Interaktion der Kommunizierenden untereinander und auf der Interaktion zwischen den Kommunizierenden und den Mitgliedern der Gesellschaft. Es ist diese Interaktion, die die Bedeutung von gesendeten und empfangenen Nachrichten generiert.
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