Die
Bezeichnung Proxemics
wurde von Edward Hall geprägt, um die
Rolle von Distanz und räumlicher Anordnung in der zwischenmenschlichen
Kommunikation zu beschreiben. Mit Distanz
bezeichnen wir, wie nahe oder weit die Kommunikationspartner
voneinander entfernt sind. Mit Anordnung
ist die Ausrichtung ihrer Körper gemeint.
- Stehen sie einander von Angesicht zu Angesicht gegenüber,
sind sie Rücken an Rücken oder befinden sie sich in irgendeinem
Winkel zueinander? Halls Studien zeigen nicht nur, dass dies wichtig
in der Kommunikation ist, sondern auch von Gesellschaft zu Gesellschaft
verschieden.
(Littlejohn,
Stephen W., S. 79)
Ein Beispiel: Die Anordnung
etwa, in der sich Leute um einen Tisch herum setzen, wirkt sich
stark auf die darauf folgende Kommunikation aus. In der Zeichnung
unten werden am ehesten die Personen auf Position A und F ein Gespräch
aufnehmen, gefolgt von den Personen auf Position C und B (oder D
und F). Am unwahrscheinlichsten ist es, dass die Personen auf Position
E und A oder E und F miteinander sprechen.
(Osmond,
Humphry,
In: Hall, Edward, 1969, S. 109)
Während es einigermaßen Sinn zu machen scheint, dass
"näher beisammen" eine "höhere Wahrscheinlichkeit,
miteinander zu sprechen" bedeutet, sind andere Aspekte bei
der Anordnung komplexer. Winkel und Abstand, den Leute bei einer
Konversation einnehmen, weisen oft darauf hin, wie nahe sie sich
in ihrer Beziehung zueinander stehen; diese Distanz variiert allerdings
von einer Gesellschaft zur anderen.
In Amerika etwa geben Winkel und Abstand oft einen Hinweis auf die
Beziehung der Kommunikationspartner und die Intensität ihrer
Interaktion. Die nächste Abbildung zeigt drei übliche
Winkel in Gesprächssituationen:
In den USA ist ein Gespräch, das Seite an Seite geführt
wird, üblicherweise eher unpersönlich. - Es könnte
sich um ein Gespräch handeln, das Sie mit jemandem führen,
der in der Menschenmenge bei einem Konzert oder einem Straßenumzug
neben Ihnen steht.
Leuten, die sich in einem Winkel von 90 Grad zueinander stellen,
treten wahrscheinlich eher in Interaktion. Dieses Anordnungsmuster
kann oft bei Partygesprächen beobachtet werden. - Die miteinander
Kommunizierenden können in einem bestimmten Grad an Nähe
interagieren, zugleich aber auch verfolgen, was um sie herum vorgeht.
Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ist die persönlichste
Anordnung und wird oft mit dem Ausdruck von Emotion verbunden. Leute,
die miteinander streiten etwa, stellen sich oft einander gegenüber,
ebenso enge Freunde, die in ein vertrauliches Gespräch vertieft
sind.
Der Abstand, den zwei Personen bei einem Gespräch, das sie
von Angesicht zu Angesicht führen, zwischen sich herstellen,
variiert je nach Gesellschaft beträchtlich. In manchen Mittelmeerländern
zum Beispiel bevorzugt man Nähe, während im asiatischen
Raum manchmal ein größerer Abstand favorisiert wird.
Hall führte umfassende vergleichende Studien zur Proxemics
von Amerikanern und Arabern durch, und weist beispielsweise darauf
hin, dass
es mich immer wieder verblüffte,
dass ein bestimmter arabischer Freund anscheinend nicht imstande
war, gleichzeitig zu gehen und zu sprechen. Auch nach Jahren in
den USA brachte er es nicht zuwege, beim Spaziergang vorwärts
zu schauen, während er mit mir redete. Wir kamen immer wieder
zum Stillstand: Er schob sich allmählich vor, schnitt mir dabei
leicht den Weg ab und drehte sich seitlich, sodass wir einander
sehen konnten. Hatte er diese Position erreicht, blieb er stehen.
Eine Erklärung für sein Verhalten erhielt ich, als ich
erfuhr, dass die Araber es als unhöflich empfinden, jemanden
von der Seite her anzusehen, und Rücken an Rücken zu sitzen
oder zu stehen wird als ungehörig betrachtet. In der Interaktion
mit arabischen Freunden muss man innerlich beteiligt sein und sich
darauf einlassen. (Hall,
Edward, 1969, S. 161)
Proxemics beinhaltet viele andere Aspekte von nonverbaler Kommunikation,
einschließlich solche wie Berührungsverhalten, Körperhaltung,
Geruch, Körpertemperatur, Augenkontakt, und Lautstärke
der Stimme. Da Menschen nicht anders als zusammen im Kontext ihrer
Gesellschaften leben können, müssen sie sich ständig
der anderen bewusst sein. Und eben aufgrund der Anwesenheit anderer
übermitteln solche nonverbalen Handlungen wie Körperbewegungen,
Distanz und räumliche Anordnung, Gerüche, Augenkontakt
etc. ständig Botschaften, ob wir wollen oder nicht.
Diese
Beobachtung ist der Ursprung für die wohlbekannte Binsenweisheit
"Man kann nicht nicht kommunizieren".
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