Eine
weiter gefasste Definition des Begriffs "Text" ergibt
sich aus der Betrachtung der Maxime "man kann nicht nicht kommunizieren".
In den Worten von Anthony Wilden:
Lassen Sie mich betonen, dass die Kommunikation
von Information nicht notwendigerweise den Gebrauch von Sprache
bedeutet, weder bewusst wahrgenommenes Senden oder Empfangen, noch
bewusst beabsichtigte Kommunikation, noch bewusst wahrgenommenes
Verstehen. Wie bereits bemerkt, ist jede Handlung, jede Pause, jede
Bewegung in lebenden und sozialen Systemen ebenfalls eine Nachricht;
Schweigen ist Kommunikation; solange der Tod nicht eingetreten ist,
ist es für einen Organismus oder einen Menschen unmöglich,
nicht zu kommunizieren. (Wilden,
Anthony, S. 124)
Demgemäß müssen alle, die die Existenz
einer Kommunikationsumwelt akzeptieren, den Schluss ziehen, dass
jede Informationsquelle als Text gesehen werden kann.
Ein Naturphänomen kann beispielsweise "gelesen" werden
- ein roter Sonnenuntergang kann dem Beobachter sagen, dass es möglicherweise
am folgenden Tag regnet, ein nach Süden fliegender Zug von
Wildgänsen den nahen Winter ankündigen usw. Unter diesem
Zugang können Wissenschaftler die physische Welt als großen,
komplexen Text sehen, der einen Teil der Wirklichkeit an seine menschlichen
Leser kommuniziert. Diese Vorstellung ist der oben dargestellten
textorientierten Betrachtungsweise ähnlich - die Welt ist ein
Text mit "wahrer" Bedeutung und als Beobachter müssen
die Menschen versuchen, ihn zu enträtseln. |
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