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Thema dieses Materials ist die Auseinandersetzung mit Inszenierungsformen von Weiblichkeit in Musikvideos, wobei die Frage im Zentrum steht, inwiefern diese medialen Darbietungen Einfluss auf die jugendliche Medienkultur haben. (Die Videos sind verfügbar auf der Webplattform YouTube oder im Apple iTunes Store.)
 
Madonna
 
Behandelt werden Videoclips der Popstars: Madonna, Pink und Lady Gaga
 
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
 
Fächer: Musik, Englisch, Bildnerische Erziehung, Sozialkunde, Wirtschaftskunde, Ethik, Philosophie
 
Themen: YouTube, Videoclips, Weiblichkeit und Frauendarstellung, Populärkultur, mediale Vorbilder, Identität
 
INHALT DIESES MODULS:
Chancen von Cross Media
Geschlechterrollen in Videoclips
Madonna: zwischen Verwandlungskunst und Provokation
Pink: zwischen Rebellion und Selbstbestimmung
Lady Gaga: zwischen Exzentrik und Kontroverse
Literatur

Chancen von Cross Media: YouTube und Musikvideos
Während bis zum Jahr 2000 Videoclips ausschließlich über Musiksender (MTV, Viva etc.) gezeigt und rezipiert werden konnten, sind sie jetzt entscheidende Bestandteile von Social-Media-Plattformen wie zum Beispiel YouTube, MySpace oder Facebook.
 
NutzerInnen sind nicht nur EmpfängerInnen, sondern zunehmend auch MitgestalterInnen und ProduzentInnen des globalen digitalen Netzes. Diese Plattformen dienen insbesondere Jugendlichen nicht nur als Informations- und Kommunikationsquellen, sie bieten vor allem (soziale) Orientierung und sind wichtige Sozialisationsmedien. Neben der Identifikation mit Stars und Prominenten formen die dargereichten Lifestyle-, Mode- und Musiktrends die jugendliche Identität. Beeinflusst werden (Welt-)Anschauungen wie etwa die Sicht auf Geschlechterrollen, Machtverhältnisse, (Gesellschafts-)Hierarchien.
 
Bei vielen Jugendlichen sind Musikvideos besonders beliebt, das belegen die angeführten Zugriffszahlen der NutzerInnen. Die von UserInnen, Plattenfirmen etc. zur Verfügung gestellten Musikvideos bekräftigen durch die breite Verfügbarkeit des Internets das Image (das Persönlichkeitsbild) von Popstars öffentlichkeitswirksam. So kann beispielsweise virales Marketing*) zu einem größeren Bekanntheitsgrad eines Stars führen.
 
Es gilt, die von einigen Popstars verkörperten und in den Videos vorgelebten „Ideale“ (wie zum Beispiel ein extrem schlanker Körper, Materialismus, Alkohol-/Drogenkonsum etc.) zum Gegenstand der Diskussion zu machen.
 
*) Virales Marketing: Informationen über ein Produkt bzw. über eine Person werden innerhalb kürzester Zeit gleich einem biologischen Virus von den KonsumentInnen selbst verbreitet; der Werbeeffekt geschieht somit „von selbst“. Virales Marketing erfolgt vor allem via Internet (YouTube, Facebook, Twitter u. a.).

 
Übung

  • Notiere Vorteile, die du persönlich mit YouTube verbindest. Welche Themenbereiche interessieren dich besonders?
  • Welche Inhalte sind eurer Meinung nach fragwürdig? Macht Notizen und diskutiert anschließend in der Klasse, was positiv und was negativ an YouTube ist.

Affirmative versus subversive Geschlechterrollen in Videoclips
Viele Musikvideos, ob ältere oder ganz aktuelle, beinhalten traditionelle Geschlechterdarstellungen und betonen damit eine grundlegende Differenz von Mann und Frau. Besonders sei hier auf viele Musikclips der Bereiche R´n B, (Gangster)Rap und Hip Hop verwiesen. Repräsentiert wird darin eine stereotyp konstruierte Männerwelt, die auf ein ungleiches Machtverhältnis zwischen den Geschlechtern gründet und von der Unterordnung der Frauen gekennzeichnet ist. Sichtbar sind diese Geschlechterstrukturen sowohl auf der inhaltlichen Ebene (wie etwa in der dargebotenen Handlung oder in den Songtexten) wie auch auf der ästhetischen Ebene (wie beispielsweise in der Bilderfolge, in der optischen Repräsentation der Geschlechter etc.). Während Männer meist zu den handelnden und dominanten Personen zählen, nehmen Frauen meist die Funktion der passiven (sexuellen) Objekte ein.
 
Am Beispiel von Madonna, Pink und Lady Gaga soll im Folgenden thematisiert werden, inwiefern diese drei Popstars vielleicht ganz andere Darstellungsformen von Weiblichkeit repräsentieren.

 
Madonna, Pink und Lady Gaga verfügen über einige Gemeinsamkeiten:
  • Ihr Image gilt als exzentrisch, schrill und ambivalent.
  • Sie instrumentalisieren ihren Körper als Mittel weiblicher Ausdruckskraft.
  • Sie inszenieren sich als wandelbare Rollenfiguren und verkörpern ihre Auslegungen von Weiblichkeit.
  • Sie widersetzen sich einer eindeutigen Zuschreibung von Weiblichkeit und durchbrechen damit das geschlechtsspezifische Machtgefüge.
  • Sie provozieren und polarisieren die Öffentlichkeit.
Wie in ihren Musikclips die Darstellungen von Weiblichkeit affirmiert, ironisiert oder durchbrochen werden, soll mittels Fragen, Übungen und Rollenspiel diskutiert werden.
 
Mögliche Fragen

  • Wie und wodurch unterscheiden sich deiner Meinung nach Männer und Frauen in vielen Musikclips? Nenne Beispiele für „typische“ Eigenschaften.
  • Glaubst du, dass angesagte Musikstars unsere Vorstellungen von Männlichkeit bzw. Weiblichkeit beeinflussen?
  • Welches Image haben Madonna, Pink und Lady Gaga? Weichen sie in ihrem Verhalten und in ihrer Musik von vielen anderen weiblichen Popstars ab?
  • Welche Musikclips magst du besonders? – Nenne einige Beispiele.

Die folgenden Musikclips sind mögliche Exempel, selbstverständlich können auch andere für die Diskussion herangezogen werden. Bitte immer die Entstehungszeit mit bedenken!

Madonna: Popikone zwischen Verwandlungskunst und Provokation

Madonna Seit ihrem musikalischen Durchbruch im Jahr 1984 gilt Madonna als Popikone für (weibliche) Verwandlungskunst und Provokation. Anhand ihrer stetigen Einbeziehung gesellschaftlicher Fragen (wie etwa Emanzipation, Widerstand, sexuelle Ausbeutung) bearbeitet Madonna Themen wie Sexualität, Geschlechtsidentität oder Macht auf kreativer Ebene. Sie entzieht sich in ihren musikalischen Darbietungen meist der Zuschreibung eindeutiger weiblicher Verhaltensweisen und unterstreicht die Möglichkeit von Metamorphosen und Wandlungen. Eine starke Körperlichkeit unterstreicht Madonnas Tendenz, ihren Körper als Ausdruck von geschlechtlicher Identität einzusetzen. Die Verkörperung unterschiedlicher Frauenrollen bietet eine Vielzahl von Identifikationsmöglichkeiten: Madonna fungiert u. a. als Rebellin, Femme fatale, Stripperin oder Spirituelle.
 
Open your heart (1986)

Textauszug:
“Open your heart to me, baby
I hold the lock and you hold the key
Open your heart to me, darlin'
I'll give you love if you, you turn the key
 
(…) I think that you're afraid to look in my eyes
You look a little sad boy, I wonder why”

In diesem Musikvideo inszeniert Madonna ihren Frauenkörper als visuelles Reizmittel und fordert die männliche Schaulust heraus. Als entlarvende Agitatorin kehrt sie die Geschlechterhierarchie um: Sie bestimmt die Blickrichtungen der Voyeure und thematisiert die Dominanz männlicher Blicke.
 
Das Video Open your heart ist im Apple iTunes Store erhältlich.

 
Die Another Day (2002)

Das Video “Die Another Day” von Madonna ist auf YouTube zu finden.
 
Textauszug:
“I'm gonna break the cycle
I'm gonna shake up the system
I'm gonna destroy my ego
I'm gonna close my body now”

„Die Another Day“ ist ein in dunklen Farben gehaltener Soundtrack des gleichnamigen James-Bond-Films aus dem Jahr 2002. Als rebellische Gefangene versucht die Protagonistin, sich den männlichen Antagonisten zu widersetzen. Dank mentaler Kraft (angedeutet durch den Fechtkampf und den Sieg über das Dunkle bzw. Böse) gelingt es der Protagonistin, sich den physischen Grenzen zu entziehen. (Das am Ende des Videos erscheinende hebräische Zeichen kann mit „Flucht“ oder „Freiheit“ wiedergegeben werden.) (Weitere Musikclips von Madonna wären beispielsweise: „Material Girl“, „Express yourself“.)

 
Mögliche Fragen

  • Worum geht es in den Musikclips von Madonna?
  • Vergleiche die Clips miteinander und bedenke dabei die Entstehungszeit.
  • Worin besteht Madonnas Verwandlungskunst? Welche Rollen nimmt sie in den Videos ein? Welche Botschaft vermutest du dahinter?
  • Was macht einen (Musik-)Star wie Madonna aus? Welche Eigenschaften muss ein Star haben?
  • Suche im Internet nach weiteren Videoclips von Madonna! Welche davon gefallen dir?

Pink: Rockstar zwischen Rebellion und (weiblicher) Selbstbestimmung
Der Durchbruch gelang der (Punk-)Rock-Sängerin im Jahr 2000. (Weibliche) Selbstbestimmung, Verletzungen und Widerstand sind durchgehende Themen der Songs. In ihren Musikvideos inszeniert sich Pink als selbstbestimmte, mitunter auch rebellische Frau, die (mit Hilfe einer nach außen gekehrten Körperlichkeit) sich dem angepassten und unterwürfigen weiblichen Rollenbild entzieht.
 
Pink

Trouble (2003)
Textauszug:
“You think you're right, but you were wrong
You tried to take me, but I know all along
You can't take me for a ride
I'm not a fool now, so you better run and hide”

Das an das Westerngenre angelehnte Musikvideo zeigt eine Protagonistin, die sich der „klassischen“ Geschlechterrolle entzieht und damit ein männerdominiertes Genre durchbricht. Als gewaltbereiter Cowboy ermächtigt sich die Protagonistin der männlichen (Darsteller-)Rolle und übernimmt (zusammen mit anderen Frauen) die Herrschaft im männerdominierten Saloon. Der abschließende Tanz auf der Theke demonstriert die Machtgewinnung der Frauen.
 
Das Video Trouble ist im Apple iTunes Store erhältlich.
 
(Ein weiteres Musikvideo von Pink wäre beispielsweise „So what“.)

 
Übung

Schreib für eine Musikzeitschrift einen Artikel über die Sängerin Pink und berücksichtige dabei folgende Fragen:
  • Was sind vorherrschende Themen im Musikvideo „Trouble“? Vergleiche das Video mit weiteren Musikvideos von Pink.
  • Welchen Frauentyp repräsentiert Pink? Gefällt dir ihr Auftritt?
  • Inwiefern unterscheidet sich Pink von anderen weiblichen Musikstars?

Lady Gaga: Kunstfigur zwischen Exzentrik und Kontroverse

Lady Gaga
 
Seit ihrem musikalischen Durchbruch im Jahr 2008 gilt Lady Gaga als eine der schrillsten und provokantesten Popstars der Musikindustrie. Mit ganz unterschiedlichen Outfits inszeniert sie sich als laszive und obszöne Kunstfigur. Eindeutige Rollenzuschreibungen lässt sie nicht zu: Darstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit werden in ihren Musikvideos affirmiert, (ironisch) stereotypisiert oder durchbrochen.
 
Beautiful, Dirty, Rich (2008)


 
Textauszug:
We‘re Beautiful n`Dirty Rich (…)
Our hair is perfect while we`re all getting shit-wrecked* (…)
We`ve got a redlight pornographic dance fight (…)
We just like to party like to p-p-party-yah
(* shit wrecked: besoffen)
 
Lady Gaga inszeniert sich als laszive Luxuskonsumentin, die sich mit Geld, attraktiven Männern und Alkohol umgibt. Thematisch behandelt wird damit das (weibliche) Streben nach Reichtum, Sex und Spaß. Inwiefern Lady Gaga die Rolle der Frau ironisch stereotypisiert oder als tatsächliches Spiegelbild der Realität inszeniert, ist wohl Frage der persönlichen Auslegung. (Eine thematische Verknüpfung ließe sich hier mit Madonnas Song „Material Girl“ herstellen.)
 
(Weitere Musikclips von Lady Gaga wären beispielsweise: „Poker Face“, „Bad Romance“ und „Telephone“.)

 
Rollenspiel
Arbeitet zu zweit. Stellt euch folgende Situation vor: Ihr seid unterschiedlicher Meinung, was die weibliche Darbietungsform von Lady Gaga angeht. Eine/r von euch ist der Ansicht, dass Lady Gaga im Videoclip vor allem weibliche Klischees verkörpert und damit eine Künstlerin ist, die stereotype Frauendarstellungen lediglich bekräftigt. Der bzw. die andere empfindet, dass Lady Gaga gerade durch ihr unkonventionelles Auftreten weibliche Unabhängigkeit und Emanzipation ausstrahlt. – Diskutiert eure unterschiedlichen Standpunkte und macht Notizen. Präsentiert eure Ansichten anschließend der Klasse.

Weiterführende Literatur
Hajok, Daniel: Musikvideos im TV. Anmerkungen zur Repräsentation und Rezeption von Geschlechterdifferenzen. tv diskurs, März 2006 (PDF-Download: www.fsf.de/php_lit_down/pdf/hajok032_tvd37pdf.pdf)
 
Neumann-Braun, Klaus; Mikos, Lothar: Videoclips und Musikfernsehen. Eine problemorientierte Kommentierung der aktuellen Forschungsliteratur. Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Band 52. Berlin (Vistas) 2006 (Zu finden auf: www.mediaculture-online.de/)
 
Neumann-Braun, Klaus; Mikos, Lothar: Madonna. Präsentation von Sexualität, Geschlechtsidentität und Macht. In: Videoclips und Musikfernsehen. Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Band 52. Düsseldorf (Vistas) 2006. (Zu finden auf: www.mediaculture-online.de/)
 
Neumann-Braun, Klaus; Mikos, Lothar: Geschlechterpräsentation [in Musikvideos]. Eine problemorientierte Kommentierung der aktuellen Forschungsliteratur. Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Band 52. Düsseldorf (Vistas) 2006. (Zu finden auf: www.mediaculture-online.de/)