Roman
Polanski
lässt in seiner Horrorfilm-Persiflage Tanz
der Vampire (1967) das Böse über das Gute siegen.
Ein Beispiel für Genrevermischung und Genreparodie stellt das
Musical (beworben mit "Grusical") The
Rocky Horror Picture Show (1974, Jim Sharman) dar, das
Elemente des Vampirfilms, des Monsterfilms, des Sciencefiction-Spektakels
und des Musicals vermischte. Dieser Film wurde zum Kultfilm,
das Kino vom Publikum zu einem "Theater" umfunktioniert.
Die Zuseher erschienen in den Kostümen der Schauspieler. Es
wurde getanzt, in der Hochzeitsszene Reis geworfen, die Dialoge
wurden mitgesprochen.
Während
sich die Genre-Grenzen weiter auflösten und vermischten liberalisierte
die amerikanische Filmindustrie ihr strenges Zensursystem. In dieser
Zeit entstanden auch neue Genres wie die Hexen- und Teufelfilme,
zu denen Der Exorzist (William
Friedkin, 1973) oder Rosemaries Baby
(Roman Polanski, 1967) zu zählen sind. Die populären Hexen-
und Katastrophenfilme bildeten den herrschenden Kanon zum Kino der
80er- und 90er-Jahre, in denen die Darstellung von Gewalt zu einem
der wichtigsten Themen werden sollte. In dieser Zeit entwickelte
sich das Kino von der so genannten Traum- zur Alptraumfabrik. "Wenn
Hollywood vormals seinen Zuschauern mit der ständigen Variation
des amerikanischen Traums bei der Verdrängung ihrer tristen
Wirklichkeit geholfen hatte, so läßt sich die populäre
Eskalation der Gewalt auf den Leinwänden möglicherweise
damit erklären, daß das Kino nun mit der ständigen
Beschwörung der Katastrophe die reale Welt als vergleichbar
harmlos erscheinen ließ und damit von einer als immer bedrohlicher
empfundenen gesellschaftlichen Atmosphäre entlastete."
(Gronemeyer, Andrea: Film Schnellkurs, Dumont, S.
154)
Während
Stanley Kubrick mit Dr.
Strangelove, or, How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb
(1964) eine herrliche Satire auf die Mentalität des Kalten
Krieges schuf und mit 2001: A Space Odyssey
(1968) einen Film produzierte, der jahrzehntelang den Stil der populären
und erfolgreichen Sciencefiction prägte.
Das Independent Kino verarbeitete
sozialkritische Themen und zeigte wachsendes Interesse an sozialen
und politischen Prozessen. Gegenkulturen entwarfen alternative Genre-Muster
und lenkten die Aufmerksamkeit u.a. auf Rassismus, Homosexualität
und Feminismus.
Mit
den 80er-Jahren traten verstärkt Filmemacherinnen mit eigenen
feministisch geprägten Themen in den Vordergrund. Von der französischen
Filmtheorie beeinflusst, definierten die Filmemacherinnen feministische
Filmkunst als Gegenkino zu den von Männern entworfenen
filmsprachlichen Codes.
Dabei
versuchten sie, wie andere avantgardistische Bewegungen auch - z.
B. Luis Bunuel, der Ende der
20er-Jahre zusammen mit Salvador Dali in Paris zwei wichtige surrealistische
Filme gedreht hatte (Un Chien Andalou,
1928; L´Age d'or, 1930),
die gängigen Konventionen zu brechen, indem sie nicht-kausale
Erzählformen entwickelten und damit experimentierten, um den
realen Lebenserfahrungen ästhetisch gerecht zu werden.
Die
größten Fortschritte in der Inszenierung wurden zwischen
1908 und 1930 gemacht. Dabei hatten v.a. Griffith,
Strohheim,
Eisenstein,
Murnau,
Lubitsch großen Einfluss.
Francois
Truffaut schreibt, "daß Hollywood seit der Erfindung
des Tonfilms, abgesehen von Orson Welles
(Citizen Kane, 1941 Anm. d.
A.), kein einziges großes visuelles Temperament mehr hervorgebracht
hat. Als komplett erscheint mir (so Truffaut weiter) Hitchcocks
Arbeit, weil ich darin Experimente und Entdeckungen finde, einen
Sinn fürs Abstrakte wie fürs Konkrete, Sinn für Dramatik
wie für Humor. Sein Werk ist kommerziell experimentell zugleich,
universell wie Ben Hur von William
Wyler und privat wie Fireworks
von Kenneth Anger.
Ein
Film wie Psycho, der Zuschauermassen
in der ganzen Welt angelockt hat, ist kühner und aufsässiger
als all die kleinen Avantgardefilme, die junge Künstler auf
16 Millimeter drehen und die von der Zensur verboten werden. Gewisse
Szenerien von North by Northwest,
bestimmte Tricks in The Birds
haben die poetische Qualität des experimentellen Kinos, wie
es der Tscheche Jírí Trnka mit seinen Marionetten
oder der Kanadier Norman McLaren
mit seinen direkt auf den Streifen gezeichneten Filmen praktizieren."
(Truffaut, Francois: Mr. Hitchcock, wie haben Sie
das gemacht? S. 16-18)
Literaturhinweise:
Truffaut, Francois: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? Hanser
Verlag 1973
Gronemeyer, Andrea: Film Schnellkurs, Dumont 1998
Naughton, John: Adam Smith: Kino. Prestel 1999
Monaco, James: Film verstehen. Rowohlt 2000
Nowell-Smith, Geoffrey (Hg.): Geschichte des internationalen Films,
Metzler 1998
Blothner, Dirk: Erlebniswelt Kino, Bastei-Verlag 1999
Daney, Serge: Von der Welt ins Bild, Vorwerk 2000
Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG: Wie die Bilder
laufen lernten. F.A. Brockhaus AG 1995
Platt, Richard: Film & Kino, Gerstenberg Verlag 1992
Bordwell, David: Visual Style in Cinema, Verlag der Autoren 2001
Schnell, Ralf: Medienästhetik, Verlag J. B. Metzler 2000
Links
Die Internet
Movie Database stellt Informationen über rund
150.000 Filme zur Verfügung. Abrufbar sind die Daten nach verschiedenen
Kategorien.
Bildnachweis:
©Association des frères Lumière, ©Malthète
Méliès, ©The
Walt Disney Company, ©Turner
Entertainment Co., ©Colubmia
Pictures, ©Twenthieth
Century Fox Film Corporation, ©Universal
City Studio, Inc. Courtesy of MCA, ©Paramount
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