Yes, we can! Wie ein Klassenblog fit fürs 21. Jahrhundert macht
Das neue Jahr hat begonnen – wir finden, dies ist ein guter Anlass, sich mal wieder Gedanken zu machen, auf welche Fähigkeiten es in der heutigen Zeit wirklich ankommt.

Hajnalka Berényi-Kiss
“SchülerInnen müssen den Unterricht mitgestalten und Ideen einbringen können.”
Jemand, der sich mit der Förderung entscheidender Kompetenzen auskennt, ist Hajnalka Berényi-Kiss. Die junge Lehrerin unterrichtet an den Hertha Firnberg Schulen für Wirtschaft und Tourismus Wien. Im Schuljahr 2016/17 initiierte Hajnalka Berényi-Kiss in ihrem Englisch-Unterricht einen Klassenblog. Sowohl erste Erfahrungen in der beruflichen Praxis, Gedanken zu besuchten Konferenzen und Workshops als auch Meinungen zu digitalen Themen finden im Blog ihren Platz. Auf diese Weise wurde er zur festen Diskussions-, Dialog- und Erzählforum ihres Unterrichts.
Für den Blog „HTG goes real“ wurde das Team rund um Hajnalka Berényi-Kiss mit dem media literacy award 2017 in der Kategorie „Multimedia“ ausgezeichnet.
Ein Interview mit Hajnalka Berényi-Kiss.
Lisa Badura: Hajnalka, ursprünglich hattest du den Blog initiiert, damit deine Schülerinnen und Schüler ein geeignetes Tool haben, um während ihres Aufenthaltes in Brighton über ihre Erfahrungen zu berichten und miteinander im Gespräch bleiben zu können. Mittlerweile ist er fester Bestandteil eures Unterrichts. Eure Artikel haben eine große Leserschaft – nicht nur innerhalb der Schule. Kurzum: Aus dem Blog wurde ein großer Erfolg.
Stichpunkt schreiben. Was hat dich am meisten bei deinen SchülerInnen überrascht?
Die Konstanz und Freude, mit der sie arbeiten war etwas unerwartet. Ich schätze sehr, dass sich die SchülerInnen über ihre Texte Gedanken machen und dadurch wahrscheinlich mehr Zeit investieren als in „normale“ Hausaufgaben.
Die Artikel der SchülerInnen zeugen von einer großen Bereitschaft, sich mit gesellschaftlichen Themen zu befassen: die Arbeitswelt wird kritisch unter die Lupe genommen, digitale Herausforderungen – Stichpunkt Privacy – werden reflektiert, Zukunftsszenarien durchgespielt.
In welchen Situationen zeigt sich für dich kritisches Denken?
In den Hertha Firnberg Schulen legen wir großen Wert auf kritisches Denken. Wir versuchen dies in allen Fächern zu fördern. Die Fremdsprachen, vor allem Englisch als Arbeitssprache, bietet sich sehr gut an, um über gesellschaftliche Themen, wie Politik und Umwelt oder volkswirtschaftliche Fragen, zu diskutieren. Dadurch wird nicht nur das Bewusstsein der SchülerInnen aktiviert und geschärft, sondern auch das kritische Denken angeregt. Für mich zeigt sich dieses kritische Denken, wenn SchülerInnen über bestimmte Ereignisse fragend reflektieren können, wenn sie den Stoff nicht einfach nur aufnehmen, sondern auch analysieren und hinterfragen, wenn sie neue Perspektiven entdecken und eigene Antworten finden.
Viele Artikel sind von Sprachgefühl und Ironie gekennzeichnet. Lyrik, Wortspiele und Witze finden hier ihren Platz, zudem erstellt ihr schöne Fotografien für eure Artikel.
Du unterrichtest an einer Tourismus- und Wirtschaftsschule. Inwiefern sind ästhetischer Ausdruck und Sprachgefühl für das spätere Berufsumfeld eurer SchülerInnen relevant?
Sprachgefühl ist in jedem Beruf, in dem mit Menschen gearbeitet wird, maßgeblich. Unsere SchülerInnen absolvieren schon ab der 10. Schulstufe Tourismuspraktika, teilweise auch im Ausland. Während dieser Praktika müssen sie in verschiedenen Kommunikationssituationen den Grad der Förmlichkeit erkennen bzw. situationsangemessen reagieren und sich passend ausdrücken. Ironie und Witz haben nicht immer und überall Platz – die SchülerInnen entwickeln jedoch ein gutes Gefühl dafür, wann und wie sie mit diesen sprachlichen Mitteln bestimme Effekte erzeugen können.
Hier wird Zeitung gemacht – Besuch bei der „HaiZeit“
Schülerzeitungen gibt es viele. Aber Artikel schreiben während des Unterrichts? Das ist wohl eher ungewöhnlich. Wir haben die 6a des Gymnasiums Haizingergasse in Wien besucht. An dieser Schule ist das Schreiben und Layoutieren von Artikeln Teil des Unterrichts!
Dass Zeitungen im digitalen Zeitalter keinesfalls „out“ sein müssen, beweisen die jungen RedakteurInnen der „HaiZeit“. Publiziert wird hier sowohl auf Papier als auch in einem Blog. Dabei befassen sich die Jugendlichen nicht nur mit unterschiedlichen Textsorten, sie lernen auch, wie man Texte leserfreundlich gestaltet und welche grafischen Elemente eingebaut werden können.
Das Gymnasium Haizingergasse bietet seinen SchülerInnen in der Oberstufe einen Medienschwerpunkt, in dem – je nach Schulstufe – Internet-, Print-, Radio- oder Videoprojekte durchgeführt werden. Der Medienschwerpunkt zielt darauf ab, dass die SchülerInnen eigenverantwortlich arbeiten und Medien selbst produzieren. Zusammen mit einer Kollegin unterrichtet Brigitte Braunöder das Fach Print. Im Rahmen dieses Faches wird die „HaiZeit“ geschrieben.
Bei unserem Besuch durften wir an der Redaktionssitzung teilnehmen und den Schülerteams beim anschließenden Arbeiten über die Schulter schauen. Es war spannend zu erfahren, was die jungen ZeitungsmacherInnen über Meinungsfreiheit denken und welche Themen sie gerade beschäftigen. Und auch wenn nicht alle Schulen die Möglichkeit haben, eine eigene Redaktion anzubieten, hoffen wir, dass KollegInnen Anregungen für den eigenen Unterricht finden!
Weitere FACTS zum Medienschwerpunkt und zur „HaiZeit“