Medien und Dystopie

Hernalser Gymnasium Geblergasse (W)
9. Schulstufe
Forschungsprojekt - MEDIENDIDAKTIK PREISTRÄGER 2018

Inhalt

Medienbildung hat ohne Zweifel die Aufgabe, sich kritisch mit den gesellschaftlichen Folgen neuer digitaler Technologien auseinanderzusetzen. Besonders in Zeiten des wachsenden Einflusses der neuen Medien auf Demokratie, Politik und Gesellschaft. Das Projekt „Medien und Dystopie“ zeigt eindrucksvoll, wie das in der Schule gelingen kann. 

Im Zentrum standen didaktisch aufbereitete Themen, darunter u.a. Überwachung, Datenschutz, Big Data oder Medien und Politik. In einmonatigen Forschungsprojekten sammelten die Schülerinnen und Schüler Informationen zu unterschiedlichen Themen, entwickelten kritische Fragestellungen und präsentieren ihre Ergebnisse – entweder durch klassische Vorträge oder durch künstlerisch-kreative Zugänge. Im Zuge des Projekts entstand beispielsweise ein Kurzfilm, der auf Recherchen zum Sozialkredit-System der Volksrepublik China basiert. In der selbst gedrehten, knapp 20-minütigen filmischen Dystopie werden die katastrophalen Folgen staatlicher Repression auf den privaten Alltag der jungen Familie Sheng gezeigt. Hinter der spannenden Story steckt letztlich die Frage, welche Konsequenzen es hat, wenn alles was wir tun – ob im Internet oder auch anderswo – digitale Spuren hinterlässt und überwacht wird. In einem anderen Forschungsprojekt widmet sich ein Schüler dem Roman „1984“ von George Orwell und stellt interessante Querverbindungen zur Gegenwart her. Auszug aus seinem Forschungsbericht: „Damals hat man sich noch davor gefürchtet belauscht zu werden, heute ist das anders. (…) Siri, Alexa und Co. können uns theoretisch immer abhören und eigentlich stört das niemanden wirklich.“

Ein durchdachtes Projekt, das zeigt wie Medienbildung auf aktuelle Herausforderungen reagieren kann und den Schülerinnen und Schülern dabei die Chance gibt ihre eigene (mediale) Erfahrungswelt einzubringen – fechánghao!

Projektleitung: Matthias Leichtfried

Jurybegründung

Der Medienwissenschafter Roberto Simanowski spricht in seinem Buch „Stumme Medien“ von der „Notwendigkeit, die Funktionsweise der sozialen Netzwerke, der neuen Medien und der digitalen Technologien zu verstehen und deren vermutete gesellschaftliche Folgen zu diskutieren.“ Den Bildungsinstitutionen stellt er dabei kein gutes Zeugnis aus und vermutet Fantasielosigkeit und Angst im Umgang mit diesen Themen. Das Projekt „Medien und Dystopie“ des Hernalser Gymnasiums Geblergasse beweist das Gegenteil. In dem didaktisch gut durchdachten Konzept werden mögliche Folgen zukünftiger Entwicklungen von verschiedenen Perspektiven beleuchtet und kontrovers diskutiert. Die Lernenden bringen ihre Perspektiven mit ein und stellen Bezüge zur eigenen Lebensrealität her – ein Indiz dafür, dass die Schülerinnen und Schüler für den Inhalt begeistert werden konnten. Gerade hinsichtlich der Tatsache, dass sich die technologischen Veränderungen besonders auf die kommenden Generationen auswirken werden, ist dies besonders erfreulich. Hier offenbart sich ein mediendidaktischer Zugang, der die Reflexion der Medien in den Mittelpunkt rückt und die essentielle Frage stellt, in welcher Gesellschaft wir in Zukunft leben möchten. Ganz nebenbei werden sowohl Medien- und Nachrichtenkompetenz gefördert, das zeigt sich in der fundierten Recherche und in den finalen Forschungsberichten. Bleibt zu hoffen, dass das Projekt „Medien und Dystopie“ andere zu ähnlichen Projekten animiert.