„We make Games“: Computerspiele im Unterricht – wir programmieren selbst!
Dass so manches Computerspiel sowohl technische Raffinesse als auch medienpädagogischen Anspruch haben kann, beweisen die Projekte, die im Rahmen des Projekts von „We make Games“ realisiert worden sind.
Erstmalig wurde in diesem Semester ein Spielentwicklungsprojekt initiiert, das in den Schulklassen der Sekundarstufe II durchgeführt wurde. 78 Spielkonzepte wurden zu Beginn des Semesters eingereicht. Acht Projekte schafften es in die Endrunde und wurden im Rahmen der “Game Jam” auserkoren, um mittels professioneller SpieleentwicklerInnen realisiert zu werden. Auf der Spielemesse „Game City“ (19. bis 21. Oktober 2018) werden die acht Projekte vorgestellt. Letztendlich sollen die „Serious Games“ ihren Weg in die Klassenzimmer finden und dort zum Einsatz kommen.
Interview mit Christian Gürtler und Tamaris Neubauer über das Projekt „We make Games“

Sophia Kaserbacher, Bernadette Ackerl und Tamaris Neubauer (Schülerinnen des Projektes “Media Attack”)
“Unser Spiel fokussiert sich auf die Medienkompetenz sowie die Handysucht von Jugendlichen und Kindern der heutigen Generation.”
Lisa Badura: Tamaris, ihr geht ins “Multi Augustinum” in Salzburg und habt euer Projekt bei “We make Games” eingereicht. Euer Team (du, Sophia und Bernadette) hat es geschafft. Ihr durftet mit professioneller Hilfe ein Game entwickeln. Um was geht es bei eurem Game?
Tamaris: In unserem Game „Media Attack“ geht es darum, Social Media besser kennen zu lernen. Das Game ist optisch so aufgebaut, dass man seine Hände am Handy sieht. Man wird von Viren verfolgt und muss dabei alle Level schaffen. Die Levels sind Social Media Apps wie zum Beispiel WhatsApp, Instagram, Facebook etc. In jeder App muss man spezifische Aufgaben richtig lösen, um ins nächste Level zu gelangen. Diese werden von Level zu Level schwieriger.
Das Ziel besteht darin, alle Aufgaben zu meistern, denn dann kommt man ins Darknet. Zum Abschluss bekommt man eine Auswertung seiner Leistungen mit dem Sinn: “Das Internet vergisst nichts!”
Gibt es einen „Hintergedanken“ bei eurem Projekt?
Unser Spiel fokussiert sich auf die Medienkompetenz sowie die Handysucht von Jugendlichen und Kindern der heutigen Generation. Die Gefahren des Internets sollen erfasst werden und auch der richtige Umgang mit dem Smartphone, denn das ist unserer Meinung nach heutzutage sehr wichtig.

Christian Gürtler (Lehrer am Multi Augustinum/Privatschule Salzburg)
“Wenn man die einfachsten Strukturen kennt, kann man sich durchaus vorstellen, wie komplexe Programme funktionieren, ohne sie gleich entwickeln zu können.”
Lisa Badura: Herr Gürtler, unter sehr vielen BewerberInnen haben sich Ihre Schülerinnen beim Jam von „We make Games“ mit ihrer Projektidee durchgesetzt und wurden dieses Semester von SpieleentwicklerInnen unterstützt, ihr Game auch wirklich zu realisieren. Sie haben sich also aktiv darum bemüht, dass Ihre SchülerInnen beim Wettbewerb – dieser Game-Challenge – mitmachen und ein eigenes Computerspiel programmieren dürfen.
Warum ist Ihnen wichtig, dass Ihre SchülerInnen selber Programmmieren lernen? Eine Fertigkeit, die heute zwingend ist?
Christian Gürtler: Programmieren zu lernen ist wichtig, um ein Gefühl zu bekommen, wie Algorithmen funktionieren, welche Abläufe es bei einem Programm gibt. Dies ist besonders für einen Schultyp mit IT-Schwerpunkt wichtig. Es ist auch für das Verständnis wichtig, eher abstrakte Algorithmen – wie zum Beispiel Kaufempfehlungen von Amazon oder Suchalgorithmen von Google – besser verstehen zu können. Wenn man die einfachsten Strukturen kennt, kann man sich durchaus vorstellen, wie komplexe Programme funktionieren, ohne sie gleich entwickeln zu können.
Computerspiele haben nicht den allerbesten Ruf. Serious Games sind da wohl eher eine Ausnahme. Was würden Sie sich wünschen, was Ihre SchülerInnen durch das Projekt mitnehmen?
Dass sich auch schon ansehnliche Programme mit einfachen Methoden realisieren lassen, dass es nicht immer darum geht, mit den tollsten und umfassendsten Programmierumgebungen zu arbeiten und dass die SchülerInnen Lust aufs Programmieren bekommen.
Gibt es Ihrer Meinung nach wichtige Fertigkeiten, die über das Programmieren hinaus gehen?
Ein wichtiger Faktor ist einerseits das Erlernen von Teamwork, dass mehrere EntwicklerInnen an einem Projekt arbeiten und dabei unterschiedliche Fähigkeiten und Know-how einbringen. Beim Programmieren erlernt man andererseits auch das strukturierte Arbeiten generell, was für berufliche Projekte später hilfreich ist. Man muss planen, ob und wie ein Ziel erreichbar ist, welcher Zeit- und Personalaufwand dafür nötig ist und wie man bei Problemen Alternativen sucht.
Vielen Dank für eure Ideen und Gedanken!
Mehr Infos zu “We make Games”:
http://www.playfulsolutions.net/we-make-games/
http://wien.orf.at/news/stories/2898217/
“We make Games”: Computerspiele im Unterricht – Interview mit Christoph Kaindel

Christoph Kaindel (Medienpädagoge und Game-Entwickler bei “We make Games”)
“Bei der Spieleentwicklung kann man zunächst mit der Entwicklung von Brettspielen beginnen. Auch so können grundlegende Spielmechaniken anschaulich gemacht werden, und ein Serious Game muss durchaus nicht digital sein.”
Lisa Badura: Christoph, du bist ein leidenschaftlicher Gamer und kennst dich auch mit dem Programmieren von Computerspielen aus. Als Juror und medienpädagogischer Begleiter von „We make Games“ hast du dir viele Game-Ideen angesehen.
Welche Kriterien habt ihr bei der Vergabe der acht begehrten Plätze angelegt?
Christoph Kaindel: Grundlage der Bewertung waren Präsentationsvideos, in denen die Spielidee und meist auch schon Prototypen vorgestellt wurden, sowie schriftliche Konzepte. Es gab drei Kategorien, die zu bewerten waren: Zweck des Spiels, Kreativität und Machbarkeit. Mit „Zweck“ war der zu vermittelnde Inhalt gemeint, es sollten „Serious Games“ entstehen, die auch im Unterricht eingesetzt werden können. Im Hinblick auf die Kreativität haben wir uns angeschaut, ob die Spielidee neu und originell ist und ob das Spiel einen innovativen Zugang zum Thema oder auch zur Steuerung bietet. Die Einschätzung der Machbarkeit war nicht ganz einfach, weil wir ja über die Vorkenntnisse der Schülerinnen und Schüler wenig wussten. Allerdings waren die Teams, unterstützt durch ihre LehrerInnen, da sehr gut in der Selbsteinschätzung und haben durchaus realistische Konzepte geliefert.
Wobei kommt es bei einem Serious Game an?
Das Lernen muss in die Spielhandlung eingebettet sein und mit dem Spielen passieren. Das Abfragen von Wissen darf also nicht getrennt vom Gameplay stattfinden. Es sollen zwar „Lerninhalte“ im weiteren Sinn vermittelt werden – oft werden nur Anregungen zu einem Thema gegeben, das Interesse gefördert, Fragen gestellt – aber das Spielen muss auf jeden Fall Spaß machen. Spielen ist immer eine freiwillige Tätigkeit, also hat ein Spiel dann versagt, wenn ich zum Spielen gezwungen werden muss.
Viele LehrerInnen trauen sich in das Feld von Games geschweige denn Programmierung im eigenen Unterricht nicht wirklich hinein. Hast du Tipps, die den Einstieg erleichtern?
Es gibt viele Möglichkeiten, Spiele im Unterricht zum Thema zu machen. Schülerinnen und Schüler können sich mit ihrer eigenen Spielenutzung in Form von Texten oder Bildern auseinandersetzen, in Form von Analysen oder indem sie Spielehandlungen kreativ weiterspinnen und Geschichten in der Spielwelt ansiedeln. Spiele, wie etwa historische Strategiespiele, können Interesse wecken und dem Einstieg in ein Thema dienen. Viele Spiele eignen sich für den Einsatz im Unterricht. Bei manchen liegt der Fokus auf der Spielmechanik, etwa Logikrätsel. Manche bieten offene Welten zum Experimentieren an. Alleine in der Spielwelt von Minecraft – oder der kostenlosen Alternative Minetest – können viele Unterrichtsideen, von Architektur bis Programmierung, umgesetzt werden, dazu gibt es bereits eine große Zahl an Materialien.
Bei der Spieleentwicklung kann man zunächst mit der Entwicklung von Brettspielen beginnen. Auch so können grundlegende Spielmechaniken anschaulich gemacht werden, und ein Serious Game muss durchaus nicht digital sein.