Hands-on! – Ein Rundgang mit Christian Ganzer durch das Kindermuseum ZOOM
Wie entsteht Kreativität? Und welche Faktoren begünstigen Lernprozesse? Wir begeben uns auf einen Rundgang mit Ausstellungskurator Christian Ganzer und erfahren (medien-)pädagogische Ansätze im Kindermuseum ZOOM
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Als Kurator kennt er sich mit Kreativität aus. Christian Ganzer ist Bereichsleiter der Ausstellungen und damit betraut, mit seinem Team interaktive Ausstellungen in einem Kindermuseum zu konzipieren. Seit über 20 Jahren arbeitet Christian Ganzer bereits im Wiener Kindermuseum ZOOM – seit 2010 ist er Leiter des Ausstellungsbereichs.
Seit Anbeginn seiner Gründung legt das Museum zwei Schwerpunkte: die interaktive Wissensvermittlung durch die Thematisierung von Technik, Umwelt und Alltagskultur sowie Kunstvermittlung und die Ausübung eigener kreativer Arbeiten. Sensomotorische Erfahrungen machen zu können, gehört daher genauso zu den Möglichkeiten des Hauses wie das Herumexperimentieren mit Werkzeugen und Technik. So können die Kinder und Jugendlichen nicht nur im eigens ausgestatteten Trickfilmstudio und Atelier produzierend tätig werden, sondern auch im Ausstellungsbereich, in dem Stationen zum Experimentieren, Forschen und Werken einladen.
In Museumskonzept ist neben einer möglichst interessanten und vielseitigen Aufbereitung von Themen und Objekten die Bedeutung von Vermittlerinnen und Vermittlern zentral. „Für Kinder sind unsere VermittlerInnen ‚role models’“, erklärt Christian Ganzer beim Beginn des Rundgangs. Die Überzeugung des Museums besteht darin, dass Lernen und Kreativität sich besonders gut über Persönlichkeiten entfalten. Die Aktivitäten und Themen im Museum werden daher stark von internen und externen VermittlerInnen und KünstlerInnen getragen. Einige VermittlerInnen haben zudem Migrationshintergrund. „Der persönliche Bezug zum Thema macht auf die Jugendlichen und Kinder meist mehr Eindruck als jedes noch so schön gewählte Thema“, so der Kurator.
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Ankunft im Trickfilmstudio.
„Viele unserer Workshops werden von Künstlern durchgeführt. So kann es durchaus vorkommen, dass neben Filmemachern auch einmal DJs einen Workshop übernehmen. Der persönliche Interessenschwerpunkt entscheidet natürlich auch darüber, wie man seine eigene Kreativität einsetzt. So legt der DJ vermehrten Fokus auf eine aufwendige Soundkulisse beim Film.“ Die Erfahrungen der Kuratorinnen und Kuratoren des Hauses zeigen, dass Begeisterung bei den Kindern gerade dann zustande komme, wenn auch die Workshopleiterinnen und -leiter in ihrem Element seien.
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Im Trickfilmstudio erwarten uns neben Scheinwerfern, Kameraequipment und Computern zwei große Multimedia-Tische, die via digitaler Übertragung mit einem Beamer verbunden sind. So können die aufgelegten – und von den Kindern selbstgemalten – Motive direkt auf Großleinwand gebeamt werden. „Lustig ist, wie unterschiedlich Kreativität bei Kindern und Erwachsenen entsteht und ausgelebt wird“, so Christian Ganzer. „Wir hatten auch schon Erwachsenen-Workshops in unserem Trickfilmstudio. Es waren Managerinnen und Manager, die einen Trickfilm machen wollten. Es wurde lang diskutiert, welches Thema der Film haben sollte. Argumente wurden miteinander abgewogen, viele Ideen verworfen und solange diskutiert, bis ein Thema übrig blieb. Bei den Kindern läuft das oft anders ab. Da werden Ideen meist miteinander kombiniert. Dass Ponys ins Weltall geschickt werden und unterschiedliche Welten einfach miteinander verwoben werden, ist für die Kinder kein Problem.“
Um auch der Öffentlichkeit, die Arbeiten der Workshops zugänglich zu machen, werden alle Film- und Soundarbeiten in der digitalen ZOOM-Sammlung archiviert.
Nächste Station: der Atelierraum.
Im aktuellen Workshop laden neben einer großen Werkbank und einer üppigen Auswahl an Werkzeugen und Farbutensilien, riesige Wasserbecken zum freien Experimentieren mit verschiedenen Elementen ein. Der Authentizitätsaspekt sei wichtig. „Hier im Atelier ist jede Säge echt. Die Kinder sollen mit echtem Werkzeug arbeiten, um zu verstehen, wie man mit den einzelnen Tools umgehen muss, ohne sich zu verletzen. Indem man Kinder an der Erwachsenenwelt teilhaben lässt, sie nicht mit Spielzeug ‚abspeist‛ fühlen sie sich ernst genommen und in ihrem im Selbstbewusstsein gestärkt.“, so der Ausstellungskurator.
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Je nach Themenschwerpunkt kreieren die Kinder anhand von Erde, Ton und Holz kleinere und größere Arbeiten aller Art. Aktuell steht alles im Zeichen des Wassers. Es darf geplantscht, gewerkt, experimentiert werden. Innere Welten können hier anhand von selbstgeschnitzten Booten und selbstfabrizierten Wasserwelten auch eine äußere Form annehmen.
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Wir erreichen die großen hellen Ausstellungsräume, die in unserem Fall das Thema Hören und Sehen thematisieren. Der Ausstellungsbereich ist interaktiv angelegt. Alle Objekte laden dazu ein, angefasst und je nach Funktion ausprobiert zu werden. Die Erzeugung von Sinnestäuschungen wird beispielsweise anhand von nachgebauten Zimmern mit verkehrten Perspektiven dargestellt. In diesen Räumen wird Wissensvermittlung mit der Möglichkeit, kreativ tätig zu werden, verbunden. Zwischen den einzelnen Ausstellungsinstallationen sind Bastelstationen angebracht. Tische, Sessel und entsprechende Materialien laden dazu ein, Erlerntes und Erfahrenes in eigene Bilder zu verpacken. „Kreativität entfaltet sich am besten an Orten, an denen man sich wohlfühlt.“, so Christian Ganzer. Das Museum achte daher auf eine passende Farbumgebung und ein wertschätzende Atmosphäre.
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Als wir auf das Zielpublikum zu sprechen kommen, merkt Christian Ganzer selbstkritisch an, dass das Museum zwar über die Klassenworkshops ein sehr heterogenes Zielpublikum erreiche und damit auch viele Kinder ins Hause kommen, die in ihrer Freizeit, selten ins Museum gehen. „Aber am Wochenende und an den Nachmittagen erreichen wir standortbedingt eher nur Familien und Touristen, die man wohl dem ‚Bildungsbürgertum’ zurechnen würde.“ Um Kindern und Jugendlichen Workshop-Angebote auch in den Außenbezirken Wiens ermöglichen zu können, wurde die Initiative ZOOM 16 gegründet. Im Wiener Gemeindebezirk Ottakring hat das Museum eine Kreativwerkstatt etabliert, in der Kinder und Jugendliche auch fernab des prestigeträchtigen Hauptstandortes werken, basteln und Filme in der Trickfilmwerkstatt produzieren können.
Das Kindermuseum ZOOM
Die Idee, ein interaktives Museum für Kinder und Jugendliche anzubieten, entstand während eines USA-Aufenthaltes, als Claudia Haas, die Gründerin des Museums, Anfang der 1990er Jahre eines der ersten Kunstmuseen nach dem Hands on Prinzip in den USA entdeckte. 1994 eröffnete Claudia Haas als private Initiative das Museum in den provisorischen Räumlichkeiten der ehemaligen Stallungen im heutigen Museumsquartier. 2001 wurde das Kindermuseum ZOOM in den neugestalteten Räumen im Museumsquartier neu eröffnet.
2015 wurde dem Museum der „Children in Museums Award“ verliehen.
Mehr Infos:
ZOOM Sammlung:
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Fotos: Lisa Badura
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